Sonntag, 12. Mai 2024

Lücken im Regal sind noch Einzelfälle, aber immer mehr Titel und Firmen geraten in wirtschaftliche Schwierigkeiten - Abb.: KI-generiert mit Bing Image Creator

Analyse: Die große Ausdünnung der Verlags- und Vertriebsbranche

Die Verlagsbranche und Vertriebsszene sind derzeit dabei, mit neuen Produkten, Prozessen und Strukturen ihren Weg in die Zukunft zu ebnen. Doch nicht alle Unternehmen können diesen Weg bis zum Ende gehen. Einige Firmen, viele Zeitschriften und auch einige Digital-Plattformen bleiben auf der Strecke.

Die Liste jener Zeitschriften, die 2023 eingestellt wurden, wird aktuell länger und länger. Die Gründe für die Einstellung der Print-Titel sind oft die gleichen: rückläufige Verkaufszahlen auf der einen Seite, und mehr noch gestiegenen Kosten (u.a. für Papier und Logistik) auf der anderen Seite. Allein infolge gestiegener Papierpreise zieht knapp ein Drittel der Zeitschriftenverlage die Einstellung von Titeln als Handlungsoption in Betracht, wie die Trendumfrage 2023 des Medienverbands der freien Presse zeigte. Nicht unerwähnt bleiben dürfen dabei die zuletzt besonders herausfordernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, geprägt von der vergleichsweise hohen Inflationsrate und schlechten Konsumstimmung.

Es sind große wie auch kleinere Verlage, die ihre Zeitschriften auf die Liste der Titeleinstellungen eintragen. Prominente Fälle wie Gruner + Jahr (über 20 Titel, darunter Barbara, Chefkoch und Geo Wissen) sowie Axel Springer (bisher B.Z. am Sonntag, perspektivisch laut Konzernchef Dr. Mathias Döpfner alle Print-Objekte) sind dabei, aber auch kleinere Titel wie die Gaming-Zeitschriften Retro Gamer und Games Inside, das Blockchain- und Bitcoin-Magazin BTC-Echo und das regionale Fußballmagazin RevierSport aus der Funke Mediengruppe. Andernorts kämpfen ganze Unternehmen mit der Insolvenz, wie beispielsweise der Emotion-Verlag.

Print und Digital: Überall verstärkt sich wirtschaftlicher Druck

Noch stärker als auf der Content produzierenden Seite des Marktes war der wirtschaftliche Druck bei den Content-Distributoren, zumindest im Print-Bereich. Die Konsolidierung im Presse-Grosso hat dazu geführt, dass vorläufig noch 15 Firmen übriggeblieben sind. Vor zehn Jahren waren es noch vier Mal so viele. Wenig anders sieht es direkt am Point of Sale aus: Die Zahl der Presseverkaufsstellen in Deutschland lag Ende 2022 bei rund 86.000 – das sind knapp 28 Prozent weniger als noch vor zehn Jahren. Und Branchenprotagonisten gehen auch hier davon aus, dass sich der Trend fortschreibt: Demnach wird von der deutlichen Mehrheit der Verlags- und Pressevertriebsakteure erwartet, dass die Zahl der Presseverkaufsstellen in den kommenden zehn Jahren nochmal um mehr als zehn Prozent zurückgeht (mehr als jeder Fünfte rechnet sogar mit einem Rückgang von über 30 Prozent), wie das DNV Branchenklima zum Jahresbeginn zeigte (mehr dazu hier).

Mittlerweile häufen sich aber auch die Beispiele von Publishern und Plattformen aus dem Digital-Bereich, die in finanzielle Schieflage geraten, Insolvenz anmelden oder ihre Dienste direkt einstellen müssen. Viel Beachtung fand in den vergangenen Monaten die Einstellung von Buzzfeed News und die Insolvenz von Vice – beides Digital-Publisher, die einst angetreten waren, um Online-Journalismus neu zu denken – und das vor allem werbefinanziert. Aber auch vertriebsorientierte Plattformen wie Blendle oder Forum.eu tun sich schwer. Blendle, das Einzelartikelverkäufe als zukunftsträchtige Finanzierungsquelle für Online-Inhalte etablieren wollte, gibt Anfang September 2023 das Deutschland-Geschäft auf. Forum.eu trat Mitte 2020 an, um Nutzern eine kuratierte Nachrichten-Auswahl zu liefern – und das mehrsprachig. Das auf Abos und Spenden aufgebaute Portal wurde jedoch gut ein Jahr danach schon wieder eingestellt. Und von denjenigen Plattformen, die noch aktiv sind, schreiben einige auch viele Jahre nach ihrer Gründung noch immer keine schwarzen Zahlen, so wie Readly und Spotify.

Im aktuellen Digital News Report des Reuters-Institut an der Universität Oxford ist die Rede von einem „winner takes most“-Phänomen. Demnach vereinen einige wenige Firmen oder Titel einen Großteil des Marktes auf sich. Für die vielen mittelgroßen und kleinen Anbieter bleiben nur Brotkrumen übrig – und es stellt sich die Frage, ob das den Firmen ihre finanzielle Zukunft sichert. Die Autoren beziehen dieses Phänomen auf das wachsende Geschäft der Verlage mit Digital-Abos. Womöglich gilt es künftig aber genauso auch für alle anderen Bereiche der Verlags- und Vertriebsbranche: für Zeitschriften genauso wie für Grossisten und Digital-Plattformen.

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