Dienstag, 30. April 2024

Wie gelingt Abo-Wachstum in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten? Netflix hat einige erfolgreiche Strategien gefunden - Foto: Tumisu - Pixabay

Wie Netflix trotz Konsumflaute Millionen neuer Abonnenten gewinnt

Netflix hat im dritten Quartal 2023 den stärksten Zuwachs an Abonnenten seit drei Jahren erreicht. Dem Streaming-Dienst gelang das in einer Zeit, in der Konsumenten angesichts der gesamtwirtschaftlichen Lage auch Medien-Abos auf den Prüfstand stellen und es beispielsweise Zeitungsverlagen immer schwerer fällt, neue Digital-Abonnenten zu gewinnen. Wie also ist Netflix dieser Erfolg gelungen?

Zunächst ein detaillierter Blick auf die Zahlen für Q3/2023:

  • Abonnentenzuwachs: 8,76 Mio.
  • Gesamtzahl Abonnenten: 247 Mio.
  • Veränderung zum Vorjahr: +10,8 Prozent
  • Durchschnittserlös pro Abonnent:
    • USA/Kanada: 16,29 Dollar (-0,5 Prozent)
    • EMEA: 10,98 Dollar (+1,6 Prozent)
    • Lateinamerika: 8,85 Dollar (+3,1 Prozent)
    • Asien-Pazifik: 7,62 Dollar (-8,6 Prozent)
  • Konzernumsatz: 8,5 Mrd. Dollar
  • Veränderung zum Vorjahr: +7,8 Prozent

Wie kam es nun, dass Netflix trotz schwieriger gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingungen so stark wachsen konnte? Der Konzern selbst führt drei Gründe an:

1. Account Sharing

Netflix bekämpft die Mehrfach-Nutzung von Abonnements über mehrere Haushalte hinweg - Abb.: Netflix

Netflix hatte Anfang des Jahres begonnen, gegen das Teilen eines Abos über mehrere Haushalte hinweg vorzugehen. Das Account Sharing hatte den Konzern bis dato einiges an Marktpotenzial gekostet, da laut Unternehmensangaben über 100 Mio. Haushalte diese Praxis betreiben. Fortan sollte ein Netflix-Abo nur noch innerhalb eines Haushalts genutzt werden (und nicht mehr über mehrere Haushalte hinweg).

Dazu führte Netflix den Profil-Transfer und kostengünstigere Zusatzmitgliedschaften ein. Wer Netflix bisher innerhalb eines Abonnements eines anderen Haushalts nutzte, hat somit zwei Optionen: Entweder den Account in ein eigenes Netflix-Abo transferieren, oder in das bestehende Abo des anderen Haushalts eine Zusatzmitgliedschaft einbuchen. Diese Zusatzmitgliedschaften kosten in Deutschland 4,99 Euro pro Monat (während der reguläre Preis für werbefreie Abos je nach Modell zwischen 8 und 18 Euro liegt).

Laut Netflix fiel die Zahl der Abo-Kündigungen in Reaktion auf das striktere Vorgehen deutlich niedriger aus als erwartet. Die Praxis scheint im Gegenteil so gut zu funktionieren, dass sie ein maßgeblicher Treiber des jüngsten Abo-Wachstums war. Und auch die Retention dieser neuen Abonnenten beschreibt der Konzern als „healthy“. Deshalb habe die neue Praxis des „Paid Sharing“ in allen Regionen zu positiven Umsatzeffekten geführt.

2. Ausbau des Content-Angebots

Die Anwaltsserie Suits ist eigentlich längst abgeschlossen, erlebt auf Netflix nun aber ein Revival - Abb.: Fox Networks Group Germany

Netflix investiert 2023 (nach aktuellem Stand) 13 Mrd. Dollar in Inhalte. 2024 sollen es dann sogar 17 Mrd. Dollar sein. Damit würde der Streaming-Dienst dann fast genauso viel Geld für Content ausgeben, wie die gesamte deutsche Zeitschriftenbranche an Umsatz erzielt. Neue Inhalte gibt es bei Netflix längst nicht mehr nur in Form neuer fiktionaler Serien und Filme. Mittlerweile setzt der Streaming-Dienst unter anderem auch auf die Lizenzierung bereits existierender Formate und auf Sport-Content.

So hat Netflix beispielsweise die Anwaltsserie Suits lizenziert, die ursprünglich von 2011 bis 2019 bei USA Network ausgestrahlt wurde. Seit Juli 2023 sind die acht Staffeln nun auch bei Netflix abrufbar. Über zwölf Wochen hinweg war Suits dann in den USA der meistgeschaute Titel unter allen verfügbaren Film-, TV- und Streaming-Angeboten, wie Netflix mit Verweis auf Daten des Marktforschers Nielsen erklärt. Global hat die Anwaltsserie unter den Abonnenten des Streaming-Dienstes im gleichen Zeitraum eine Milliarde Stunden Sehdauer generiert.

Kaum verwunderlich, dass Netflix zu dem Schluss kommt: „Da sich das Wettbewerbsumfeld weiterentwickelt, könnten sich in der Lizenzierung von Erfolgstiteln für uns vermehrt Möglichkeiten ergeben, unser Originalprogramm zu ergänzen.“ Der Streaming-Dienst erhofft sich dadurch unter anderem auch positive Effekte auf das Engagement der Abonnenten. Auf der anderen Seite kann der Erfolg einer eigentlich schon abgeschlossenen Serie auf Netflix auch zu einem Revival führen: So soll laut einem Bericht des US-Mediums Deadline eine neue Serie mit Bezug zum Suits-Universum gedreht werden. An dieser wird Netflix dann vermutlich auch interessiert sein.

Daneben baut Netflix sein Angebot an Sport-Inhalten kontinuierlich aus. Das hilft nicht nur dem Streaming-Dienst, sondern kann auch einzelnen Sportlern oder ganzen Sportarten Aufwind geben. Bekannt ist dieser Effekt unter anderem von der Serie „Drive to Survive“ über die Formel 1, die dem Rennsport viele neue Fans gebracht haben soll. Mittlerweile finden sich in der Netflix-Bibliothek aber auch schon Inhalte zu Tennis, American Football, Fußball, Radsport, Boxen und Golf. Und der Streaming-Dienst plant nun auch ein eigenes Event rund um Sport-Inhalte, den sogenannten „Netflix Cup“. Dieser soll am 14. November gestreamt werden.

3. Preispolitik & Abo-Modell

Preis- und Produktstruktur des Abo-Modells von Netflix in Deutschland - Abb.: Screenshot, Presse Fachverlag

Neue Abonnenten und vor allem neue Umsätze generiert Netflix schließlich auch durch eine Weiterentwicklung des Abo-Modells. Einerseits betrifft das die Preissetzung. Netflix hatte zuletzt eher auf Preiserhöhungen verzichtet, was der Streaming-Dienst mit dem Rollout des oben beschriebenen "Paid Sharing" begründet. Nun werden aber zumindest in den USA, Großbritannien und Frankreich die Preise einiger Abo-Pakete angehoben.

Konträr dazu hatte Netflix im ersten Quartal in 116 Ländern die Abo-Preise sogar reduziert. Die Preissenkungen betrafen vor allem Länder in Afrika, Asien und Lateinamerika. In Europa wurden unter anderem in Kroatien, Slowenien und Bulgarien günstigere Preise eingeführt. Teilweise lag die Preisreduzierung bei bis zu 50 Prozent. Die Maßnahmen werden offenbar in den Ländern ergriffen, die als besonders preissensibel gelten oder in denen der Service noch nicht stark vertreten ist. Die betroffenen Märkte repräsentieren laut Netflix nur fünf Prozent des Unternehmensumsatzes. Langfristig erhofft sich der Streaming-Dienst dadurch eine stärkere Verbreitung in diesen Ländern und damit wieder mehr Umsatzwachstum.

In zwölf Kernmärkten hingegen hat Netflix mittlerweile eine günstigere Abo-Variante eingeführt, die Werbung enthält. In Deutschland beispielsweise kostet diese Abo-Variante 4,99 Euro pro Monat (während die Abo-Preise der anderen Pakete bei 8 bis 18 Euro liegen). Zwar erwartet Netflix für 2023 noch keinen allzu großen Umsatzanteil aus dem neuen werbegestützten Abo. Dennoch wächst das „Werbe-Abo“ rasant: Im dritten Quartal sei die Zahl der Abonnenten dort um 70 Prozent gestiegen. Insgesamt seien rund 30 Prozent der Neu-Abonnenten von Netflix auf dieses Abo-Paket zurückzuführen.

Das liegt auch daran, dass der Streaming-Dienst das Nutzererlebnis in diesem Abo-Produkt nach und nach verbessert, unter anderem durch bessere Video-Qualität und mehr Inhalte. Zugleich wird das „Werbe-Abo“ zunehmend als Einstiegsprodukt speziell für wiederkehrende Abonnenten positioniert (die also schon mal Abonnenten waren, dann aber gekündigt hatten). Das Basis-Abo (in Deutschland 7,99 Euro pro Monat, aber ohne Werbung) soll speziell für diese Zielgruppe hingegen vom Markt genommen werden. Die genannten Anpassungen hatte Netflix zuerst in den USA, in Großbritannien, Italien und Kanada umgesetzt. Folgen sollen demnächst Deutschland, Spanien, Japan, Mexiko, Australien und Brasilien. Und langfristig soll auch Werbung für Netflix regelmäßig Erlöse im Milliarden-Bereich einbringen.

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