Samstag, 18. Mai 2024

Kayhan Özgenc, Chefredakteur bei Business Insider Deutschland, und Solveig Gode, Wirtschaftsredakteurin bei Business Insider Deutschland, sprachen beim Branchenevent Medienhaus/NEXT/ von AVS darüber, wie wichtig das Community-Management und Exklusivinhalte für die erfolgreiche Distribution eines Podcasts sind - Fotos: Fraitag

„Exklusiver Content ist der Treiber für Podcast-Abos“

Markenbindung, das Erreichen neuer Zielgruppen, Verweildauer – dem Audio-Format Podcast werden viele Stärken zugeschrieben. Im Portfolio deutscher Medienhäuser wird das Format bisher größtenteils kostenfrei angeboten, immer häufiger experimentieren Verlage jedoch mit Podcasts als potenzielles Paid-Content-Angebot. Dass daraus eine ganze Markenwelt entstehen kann, zeigen Solveig Gode, Wirtschaftsredakteurin und Kayhan Özgenc, Chefredakteur bei Business Insider Deutschland (zugehörig zur Axel Springer SE). Der True-Crime-Podcast „Macht & Millionen“ mit Fokus auf Wirtschaftskrimis konnte sich zu einem erfolgreichen Abo-Angebot etablieren. Wie es dazu kam und was es dafür braucht, erklärten Gode und Özgenc im Rahmen des Branchenevents Medienhaus/NEXT/ von AVS.

Der True-Crime-Podcast von Business Insider erscheint seit Dezember 2020 alle zwei Wochen auf Audio-Streaming-Plattformen wie Spotify, Apple, Deezer und Podimo – sowie auf der hauseigenen Website. „Wir sind eigentlich gar keine Podcaster und haben überhaupt keine Audio-Erfahrung, sondern waren lange im Print- und dann im Online-Bereich“, erklärt Kayhan Özgenc. Sowohl Gode als auch Özgenc waren zuvor beim Nachrichtenmagazin Focus tätig, ehe sie zu Business Insider kamen – die dort von ihnen aufbereiteten Investigativ-Recherchen als Podcast aufzubereiten, wurde schließlich von einem Volontär vorgeschlagen und getestet.

„Die spannende Frage ist: Wo findet man eine Lücke?“

True Crime ist im Podcast-Markt eines der beliebtesten Genres (ermittelte auch DNV in einer großen Podcast-Analyse). Sich bei einem so gesättigten Markt noch abzuheben, schafft man beispielsweise durch die Kreuzung verschiedener Genres. „Es gibt viele True-Crime-Angebote auf dem Podcast-Markt – die spannende Frage ist: Wo findet man eine Lücke? Zu True Crime gibt es viel in puncto Mordlust, Geschichten mit Leichen, Blut, Tatorte, ermittelnde Kommissare. Aber was es noch nicht gab, waren Wirtschaftskrimis.“, erklärt Özgenc.

Solveig Gode ergänzt: „Wir haben gemerkt, dass der Podcast „Macht und Millionen“ als eigene Marke von Business Insider sehr gut funktioniert. Wir haben uns überlegt, wie wir das weiter nutzen können – und sind nicht nur auf dem Podcast-Markt geblieben. Mittlerweile spielen wir das auf allen Kanälen aus.“ Dadurch wurden auch Zielgruppen auf Business Insider aufmerksam, die lediglich „Macht und Millionen“ kannten – es konnte also zusätzliche Reichweite durch diese Markenwelt generiert werden. Zu jeder Podcast-Folge gibt es außerdem einen Artikel auf der Website von Business Insider, um zusätzliche Aufmerksamkeit zu erzeugen. Mittlerweile ist aus dem Podcast ein eigenes Buch zu den einzelnen Fällen entstanden. Außerdem treten Gode und Özgenc in Live-Events auf und tragen ausgewählte Podcast-Folgen auf der Bühne vor – zum Teil mit interaktiven Tools (z.B. in Form eines Quiz´).

True-Crime-Podcasts boomen. Um sich von einem gesättigten Markt abzuheben, kann man beispielsweise Genres kreuzen, erklären Özgenc und Gode - so auch beim Wirtschafts-Crime-Podcast "Macht und Millionen" - Abbildung: Business Insider

Community-Management zur Nutzerbindung

„Das war für mich total spannend zu sehen: Dass Live-Journalismus, inszeniert auf der Bühne, als Show funktionieren und die Leute begeistern kann“, erklärt Özgenc dazu. Da im Publikum viele Leute saßen, die den Podcast bereits kannten, wurde den Zuschauern zudem bewusst eine komplett neue „Folge“ auf der Bühne präsentiert: „Da haben wir den RBB-Skandal inszeniert. Mit Tagesschaumeldungen, mit O-Tönen, mit Jan Böhmermann – also die Bühne genutzt. Audio, Video, das ganze Programm.“ Die Podcast-Hörerschaft siedelt sich alterstechnisch dabei zwischen 25- bis 40-Jährigen an, wobei zwei Drittel männlich seien, erklärt Özgenc: „Das war sehr interessant, mit denen in Kontakt zu kommen. Das waren eigentlich Leute, die erträumt sich die Werbeindustrie: Gut ausgebildet, entweder im Studium oder in den ersten Jobs drin, sehr an Wirtschaft interessiert.“

Gode und Özgenc greifen zudem das ausschlaggebende Kriterium „Community-Management“ auf. Wie wichtig das Engagement der Hörer ist, betonten auch Jannis Schakarian, Audio CvD beim Spiegel, sowie Michael Graf, Head of Podcast bei Webedia, im Interview mit DNV – dies spiegelt sich bei Business Insider beispielsweise dadurch wieder, dass Podcast-Hörer aktiv neue Themenvorschläge äußern oder sich gerne an Bilderrätseln beteiligen, die auf dem zugehörigen Instagram-Kanal ausgespielt wurden. Als weiteres Monetarisierungs-Standbein und Kanal zur Kommunikation könnte ein kürzlich gestarteter YouTube-Kanal dienen, erklärt Gode: Hier werden sowohl Kurzvideos als auch ganze Podcast-Folgen ausgespielt, mit denen sich die Podcast-Hörer in den Kommentaren auseinandersetzen können.

Podcasts schaffen eine Bindung, die kein anderes Medium erzeugt

Als äußerst relevanten Punkt im Podcast-Bereich führt Özgenc die Markenbindung auf, die durch das Audio-Format ermöglicht werden kann: „Das ist ein ganz wichtiger Punkt: Beim Podcast hast du eine Bindung, die du mit keinem anderen Medium erzeugst. Ich habe als Print-Journalist gearbeitet, habe als Online-Journalist gearbeitet, aber so eine enge Bindung zu den Usern hat man nirgendwo anders – denn man ist Begleiter ihres Alltages und Bestandteil eines festen Rituals.“ Das sei auch der Grund, weshalb die Hörer bereitwillig Tickets für die Live-Show erworben hätten.

Diesen Markenkosmos und die daraus entstandene, enge Bindung, nahmen Özgenc und Gode zum Anlass, den „Macht und Millionen Club“ zu gründen. Für einen Abo-Preis von 3,99 Euro im Monat können Nutzer Mitglied dieses Clubs werden und erhalten Zugang zur kompletten ersten Podcast-Staffel (die sich mittlerweile hinter einer Paywall befindet), sowie die neueste Podcast-Folge eine Woche früher als nicht zahlende Nutzer.  „Wir mussten hier am Anfang viel Erklär-Arbeit leisten“, erklärt Solveig Gode, „Es war noch nicht gelernt, wie man dieses Abo über Spotify oder Apple abschließt. Wir haben gemerkt: Die technische Barriere war hoch für Nutzer.“ Mittlerweile kann der Macht und Millionen Club eigenen Angaben zufolge eine hohe, dreistellige Anzahl an Abonnenten verzeichnen.

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Paid Podcasts können unterschiedlich ausgespielt werden

„Podcasts sind aktuell noch ein totales Gratis-Medium“, resümiert Özgenc am Ende des Vortrags, „Aber ich glaube, gerade bei hochwertigen Podcast-Inhalten wird dafür auch Geld bezahlt. Ich glaube an die journalistischen, starken Inhalte – und an Miniserien, das wird kommen. Da bin ich fest von überzeugt. Und dann wird es stärker weg von einem Gratismedium gehen – und mehr zu einem Bezahl-Medium.“

„Wir haben außerdem Merchandise gestartet, das wir unseren Club-Mitgliedern exklusiv zur Verlosung angeboten haben. Und das hat uns gezeigt: Exklusiver Content ist wirklich der Treiber für Podcast-Abos.“, ergänzt Solveig Gode.

Im deutschen Podcast-Markt wird generell vermehrt mit dem Audio-Format im Abo experimentiert. Dabei sind verschiedene Facetten denkbar: Der Podcast wird häufig als Exklusivinhalt ins bestehende Digital-Abonnement eingebunden, wie etwa der „F.A.Z. Frühdenker“-Podcast bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Hier gehört der Podcast außerdem zu einem gleichnamigen Newsletter und ist damit Bestandteil einer eigenen Markenwelt. Dieses Prinzip einer Markenwelt, zu der auch ein Podcast gehört, findet sich beispielsweise auch bei der Zeit Verlagsgruppe aus Hamburg: Zur Marke „Zeit Verbrechen“ gehören unter anderem ein Podcast, ein Print-Magazin und ein Newsletter. Nun bekommt der Podcast sogar eine eigene Streaming-Serie.

Miniserien als beliebtes Podcast-Format

Beliebt als Bestandteil eines Digital-Abos sind außerdem Podcast-Serien mit einer festen Anzahl an Folgen: Das Süddeutsche Zeitung Magazin (SZ-Magazin) vom Süddeutschen Verlag, Teil der Südwestdeutschen Medienholding, startete im April 2022 die Podcast-Serie „71 Schüsse“ in völliger Eigenregie und gab an, künftig noch mehr solcher Paid-Podcasts ins Digital-Abo einbinden zu wollen. Auch die Zeit bietet mit „Die Patrioten“ eine solche Podcast-Serie im Abo an.

Ein ähnliches Modell wie bei Business Insider startete zuletzt der Spiegel: Die neue, bezahlpflichtige Podcast-Reihe „Spiegel Originals“ ist zwar grundsätzlich auf Drittplattformen und der hauseigenen Website kostenfrei verfügbar – Abonnenten von Spiegel+ erhalten jedoch eine Woche früher Zugriff auf die neue Podcast-Episode.

Auf dem Branchenevent Medienhaus/NEXT/ von AVS zu Gast waren unter anderem auch:

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